The Headwinds - Handlung
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 17.12.2023 00:10Natürlich war sie alles andere als begeistert von seinem Einwurf. Bedingungen. Er konnte es in ihren Augen sehen, noch bevor sie nach seiner Verkündung die Sprache wiederfand. Misstrauen. Unverständnis. Das hektische Grübeln. Notos lächelte nur sachte, während Nirah erst zu schwachem Spott, dann zu Argumenten wechselte, die ihren Nutzen unterstreichen sollten. Er musste nicht blind sein, um zu erkennen, wie ihre Unruhe zunehmend anstieg – ihre Stimme verriet sie. Aber es war zu erwarten. Schließlich stand für sie viel auf dem Spiel. Nur tat es das für ihn auch.
Geduldig wartete er, bis Nirah ihn wieder zu Wort kommen ließ. Ein vorsichtiges Schmunzeln bildete sich auf seinen Lippen ab, während er sich den Nacken rieb. „Jaaaa...nein. Ich will nicht wirklich was von dem, was du genannt hast. Eher das Gegenteil tatsächlich." Er ließ seinen Arm fallen, atmete tief aus. Aber seine Entschluss stand fest. Es war die einzige Möglichkeit, selbst wenn sich etwas in seinem Inneren dagegen sträubte. Ruhig, aber bestimmt erwiderte er ihren Blick: „Wenn wir zusammen reisen sollen, dann nur als Partner." Der Ansatz eines schiefen Grinsens schlich sich auf sein Gesicht und er zuckte mit den Schultern. „Zumindest temporär."
So schnell sich das Grinsen aufgetaucht war, so schnell wurde es wieder ersetzt durch eine für ihn ungewohnte Ernsthaftigkeit. Für einen Moment ließ er das eben Gesagte zwischen ihnen stehen, bevor er sie vielsagend anschaute. „Und von meinem Partner erwarte ich in erster Linie, dass wir miteinander reden." Oh, die fragenden bis skeptischen Blicke konnte er sich vorstellen. Er führte sofort aus, bevor sie ihn unterbrechen konnte. „Ich werde mich dir nicht in den Weg stellen, wenn du deinen Wolf siehst und dich entscheiden solltest, lieber ihm als mir zu folgen. Ich lasse dir ebenfalls gerne die Freiheit, zu tun was du tun musst. Ich habe nicht vor, dich anzuketten und dir Befehle zu erteilen – wir beide wissen, dass du sie vermutlich sowieso nicht befolgen würdest." Was ihn normalerweise zu einem stichelnden Grinsen verleiten würde, hinterließ dieses Mal höchstens ein mattes Lächeln. Seine Miene wurde einen Hauch ernster. „Was ich mir aber wünschen würde, ist, dass du mir zumindest Bescheid gibst und wir uns absprechen, bevor du irgendwohin verschwindest. Wir gemeinsam einen Plan entwickeln, wenn nötig."
Notos Augen schweiften zu Nirahs Bein. Dort, wo vermutlich immer noch die blassen Spuren der Krallenverletzung ihre Haut zieren würden. Sein Ausdruck verhärtete sich kurz, ehe er wieder zur Heilerin hochsah. „So etwas wie in der einen Nacht bei der Höhle darf nie wieder passieren. Ich muss mich darauf verlassen können, dass du nicht wegen deinen Wächter-Zeichen kopflos in die nächstbeste Gefahr reinrennst. Ich muss mir sicher sein können, dass du nicht aus Stolz oder anderen Gründen deine Verletzungen runterspielst. Nicht wenn ich in beiden Fällen aushelfen kann."
Verlangte er zu viel? ...Nein, vermutlich nicht. Nicht wenn sie als gleichberechtigte Partner weiterreisen sollten. „Ich muss dir vertrauen können, Nirah. Insbesondere in gefährlicheren Situationen." Sein eigener Blick wurde weicher, während er in ihren Augen das kleinste Anzeichen von Verständnis suchte. „Meinst du, du kannst das versuchen?"
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 15.12.2023 00:42Während Nirah tunlichst irgendwohin die die Büsche sah, schlossen sich Hände um die ihren. Hielten sie wie eine Wiege, warm und weich. Nun, vielleicht auch etwas rau. Sie zuckte sofort zusammen und bohrte ihren Blick in Notos Gesicht. Doch der Krieger blickte sie ebenfalls an, völlig ruhig. Der unausgesprochene Vorwurf verpuffte. An dessen Stelle trat Unsicherheit, Verwirrung und ein Hauch Widerwillen. Ihre Wangen brannten inzwischen. "Du sollst die Kette nehmen.", nuschelte sie, versuchte irgendwie seinem Starren zu entkommen. "Nicht...das?" Hilflos sah sie nach oben, zur Seite wieder zurück in die blauen Augen. Wieso schien er so nah? Sie versuchte auch ihre Hand zu entziehen, aber Notos hielt sie sanft aber bestimmt fest. Das Starren war ohnehin viel schlimmer.
"Welche Bräuche? Wovon redest du? Kannst du bitte aufhören?" Ihre Stimme klang ein wenig verzweifelt. "Notos?" Notos lächelte nur. Ihre Beine wippten nervös, sogar die Finger ihrer gefangenen Hand zuckten. Sie zog sie kräftiger zu sich. Bis Notos preisgab, was er tat. Sie blinzelte ihn nur an. Die Wärme verschwand. Er nahm sich den Anhänger und Nirah versteckte eilig ihre Hand in ihrer Kleidung. "Ich habe nicht so lange gestarrt." quietschte sie. "Mach das nie wieder."
Notos inspizierte sein Geschenk und Nirah versuchte irgendwie ihren Scham zu verbergen, indem sie sich beinahe gänzlich abwandte. Er machte es nur immer schlimmer, mit seinen anerkennende Worten. "Ja. Wann gehen wir los?" wiederholte sie und hasste, dass sie so piepste. All ihre Verlegenheit verschwand, als ihr klar wurde was Notos sagen wollte. Er ging nach Hause. Allein. Die ganze Mühe ihn zu finden, umsonst. "Du willst mich nicht mitnehmen?" Immernoch klang ihre Stimme schrill wenngleich aus einem anderen Grund. Er antwortete nicht, grübelte nur allzu deutlich. Was sollte sie machen, wenn er sie gar nicht erst mit ihm reisen ließ? Gab es für solch einen Fall einen Alternativplan, sodass sie trotzdem ihre Ausbildung beenden konnte? Wahrscheinlich nicht.
Nirah könnte ihm folgen. Ja. Sie würde ihm mit einem Tag Abstand folgen. Sie hatte ihn schon über deutlich größere Distanz ausfindig gemacht, dann sollte sie das auch schaffen. Das zählte doch dann als 'ihn begleiten', oder?
Sie sah auf, als Notos endlich wieder mit ihr sprach und sie erleichtert ausatmete. Sie musste ihn doch nicht weiter insgeheim verfolgen. Warte...er mochte ihre Gesellschaft? Wann war das denn passiert? Lüge, sagte ihr Bauch. Dennoch frischte sich die Röte in ihrem Gesicht, die etwas abgeklungen war, auf. Sie haderte kurz. Was war denn nur los heute? Das musste sie dringend in den Griff bekommen, wenn sie mit Notos reiste. Er sollte nicht solch eine Macht über sie haben, mit ein paar simplen Worten oder Gesten oder gar wenn er rein gar nichts besonderes tat.
Aber...
"Bedingungen?" fragte sie misstrauisch. Die braucht es also um meine Anwesenheit mögen zu können, was? Elender Heuchler. "Ich werde dich schon nicht wegen deinen dämlichen Aktionen...wie eben...umbringen oder so, keine Sorge." spottete sie, doch dem fehlte die Schärfe. Bedingungen. Bedingungen waren besser als ihm mühevoll auf eigene Hand folgen zu müssen, oder?
"Ich wüsste zwar nicht, welche Bedingungen...ich meine. Ich kann für mich selbst jagen. Ich kenne mich gut aus. Im Wald bin schneller als du. Und ich kann dich meinetwegen auch in Ruhe lassen, die ganze Zeit über. Kein Problem für mich, im Gegenteil. Aber rück es schon raus, Donnerschwinge. Was sind deine Bedingungen?" sagte sie zunehmend in schnippischerem Ton. Sie spürte wie sich in Rage redete. Innerlich zog sich aber alles in ihr zusammen. Was in aller Welt wollte er von ihr? Reichte es nicht, dass sie ihm keine Umstände machte. Sie hatte es schon längst gesagt, dass sie für sich selbst sorgte. Sie würde ihn und sein Weiterkommen auf keine erdenkliche Art beeinträchtigen. Mit ihr wäre er wahrscheinlich sogar schneller als ohne sie. Sie schnaubte.
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 14.12.2023 00:45Ach, sie hatte ihn also gar nicht so lange angestarrt? Und intensiv schon gar nicht? Notos schmunzelte erheitert bei dem zischenden Einwurf. „Ich denke, ich bin derjenige, der das als der von dir Überfallene zu beurteilen hat, findest du nicht?" Sein Grinsen wurde eine Spur breiter. „Vielleicht müsstest du es mal selbst erleben, um zu verstehen, wie es sich anfühlt, hm?" Wie als wolle er seinen Worten Folge leisten, lehnte er sich etwas zu ihr vor. Begann ihr direkt in die Augen zu sehen – aber auch nur so lange, bis das verschmitztes Leuchten in seine eigenen abflaute. Sofort brach er den Blickkontakt ab, wandte sich lieber wieder seinem Fisch zu. Den amüsierten Ausdruck bekam er dennoch nicht völlig aus seinem Gesicht gebannt.
Die lockere Energie, die ihn für einen Moment ergriffen hatte, verflüchtigte sich allmählich, während er Nirah weiterhin zuhörte. Übrig blieb nur eine ernste Nachdenklichkeit, die bis zu dem Moment anhielt, als er seinen Aufmunterungsversuch zum besten gab. Den Nirah selbstverständlich sofort als solchen erkannte. Er ging kaum auf ihre Frage ein, gab lediglich ein leises „Tue ich das?" von sich. Eine Antwort erwartete er nicht. Stattdessen versuchte er aus den Worten der Heilerin zu erkennen, warum sie es als Scheitern betrachtete, wenn sie ein oder zwei Hinweise ihrer Göttin übersah. Eine lange Weile sah er sie stillschweigend an. Dann zuckte er mit den Schultern. „Nun, du weißt ja jetzt vermutlich, warum du sie übersehen hast, richtig? Daraus kannst du lernen und die nächsten Zeichen besser erkennen", meinte er schlussendlich, trug dabei immer noch sein zuversichtliches Lächeln.
Mehr konnte er nicht mehr sagen, bevor Jasper seinen eigenen Fisch der Feuerprobe unterziehen wollte. Wenigstens sagte Nirah nichts dazu, als er sich keinen Augenblick später zum Deppen machte. Was verwunderlich war. Er hätte ein Sticheln oder ein genervtes Augenrollen erwartet. Stattdessen wirkte sie für einen Moment dabei fast sogar erheitert – bis sie erklärte, was ihr grandioser nächster Plan war. Notos wandte seinen Kopf noch weiter ab, bevor sie erkennen konnte, wie er mürrisch sein Gesicht verzog. Schicksal. Er hoffte darauf, dass das nicht der Grund war. Es wäre ihm lieber, wenn er die Stränge seines Lebens selbst in der Hand halten könnte. Selbst wenn es ihn bei seinem Glück nicht wundern würde, wenn die Götter eigenhändig dafür sorgten, dass Jasper Probleme bei der Energiefindung hatte. Nur damit Nirah zu ihm aufholen konnte. Warum animierte die heilige Mutter ihre Wächterschützlinge überhaupt dazu, ihre Heimat zu verlassen und auf gut Glück Menschen zu verfolgen, die sie keine Woche kannten? Nirah wirkte geradezu so, als würde sie ihm ans Ende der Welt folgen, wenn es nötig wäre. Seufzend ließ er die Schultern sinken. „Ich hätte gerne Mitspracherecht, bevor die Götter mich in sowas mitreinziehen", murmelte er vor sich hin. Leise genug, dass es wohl hoffentlich nur die Flammen des Feuers hören würden.
Nirah war wohl ohnehin zu beschäftigt damit..., ja mit was eigentlich? Verwundert hob Notos den Kopf, als die Heilerin scheinbar von einer plötzlichen Eile überfallen ihre Taschen inspizierte. Und einen Anhänger herauszog? Er blinzelte verdattert. Mehrmals. Dann begann er nach und nach einem warmen Lächeln zu verfallen. Das sich erst recht festsetzte, als er begriff, dass sie sein Geschenk nicht nur behalten hatte, sondern anscheinend auch gerade in diesem Moment trug. Er musste dagegen ankämpfen, nicht offensichtlich die Stelle anzustarren, an welche Nirah ihre Hand legte. Unter dem Stoff würde sich seine kleine Kette ohnehin nur kaum bemerkbar abheben. Wenn überhaupt. Aber... Sollte er sich so sehr freuen, dass sie sein Abschiedsgeschenk angenommen hatte? Durfte er das?
Sein Blick huschte von ihrer Hand zu Nirah selbst und – Oh. Oh nein. Sie wurde rot. War sie wirklich so verlegen? Die sanfte Freude grub sich stärker in sein Gesicht. Niedlich. Viel zu niedlich. Seine Aufmerksamkeit fiel wieder auf die Kette, welche die Heilerin ihm weiterhin hinhielt. Ohne nachzudenken hob er vorsichtig seine beiden Hände. Doch statt den Zahn zu packen, schlossen sich seine Finger behutsam um ihre ganze Hand. Er sah sie so lange an, bis seine Augen auf die ihren treffen konnten. Bernsteinfarben. Im Schein des Feuers hatten sie beinahe einen goldenen Stich, wie Jaspers Augen. Erst aus der Nähe wurde ihm wirklich bewusst, wie warm ihre Augen wirken konnten, wenn sie mal keine gewalttätigen Intentionen verbargen. „Es wäre mir lieber, wenn du meine Kette behalten würdest", meinte er leise. Lächelte dabei sachte. „Es würde sonst ein wenig gegen meine Bräuche verstoßen."
Noch für eine Weile länger wahrte er den Blickkontakt, ehe seine Mundwinkel verschmitzt nach oben zuckten. „Es ist intensiv und lange, nicht wahr? Dabei habe ich dich nur halb so lang angestarrt wie du mich." Mit einem Mal löste er sich von ihr, klaubte nebenbei nur schnell den Anhänger aus Nirahs Hand. Sie leistete keinen Widerstand.
Vorsichtig, beinahe liebevoll strich er über die eingravierten Stellen im Zahn. Er erkannte nur das Tier, dass wohl einen Wolf darstellen sollte. Die Runen hingegen... er meinte, das Zeichen für einen Blitz zu erkennen. Das Symbol für einen Baum. Die genaue Bedeutung war ihm allerdings ein Rätsel. Dennoch...
„Es bedeutet mir viel.", meinte er leise. Mehr als sie sich wohl vorstellen konnte. „Ich werde es in Ehren halten." Mit einem warmen Ausdruck im Gesicht zog er sich den Anhänger an. Dann hielt er plötzlich inne. Wann gehen wir los? Es dauerte eine geraume Weile, bis er sich zu seinen Worten durchrang. „Ich gehe nach Hause. Und das so bald wie möglich." Er musterte sie aus dem Augenwinkel. Sie sah jetzt bereits erschöpft genug aus, dass er daran zweifelte, ob sie es bis zum Abend durchhalten würde. Mal ganz davon zu schweigen, dass sie sofort alles stehen und liegen lassen würde, wenn sie ihren Wolf sehen würde. Wie damals bei der Höhle. Wie das geendet hatte, wussten sie beide. Selbst wenn sie sich bemühen würde, ihm nicht zur Last zu fallen – Nirah würde ihn Zeit kosten, wenn sie mitkommen würde. Zeit, die er kaum besaß.
Tiefer Zwiespalt zeichnete sich in seinen Zügen ab. Aber er konnte sie hier nicht einfach sitzen lassen. Was wäre er für ein Ritter, wenn er das tun würde? Schlimmer noch, was würde... nein, nein damit würde er gegen alles gehen, wofür sie steht. Und Nirah würde ihn begleiten wollen, koste es was es wolle. Ihre Verbissenheit diesbezüglich hatte sie mit ihrer Verfolgungsaktion großartig unter Beweis gestellt. Wäre es da nicht sowieso besser, sie zumindest im Auge behalten zu können?
Ein schweres Seufzen entkam ihm. Dann versuchte er sich an einem zögerlichen Lächeln. „Ich hab an sich nichts dagegen, wenn du mich begleitest. Im Gegenteil, ich mag deine Gesellschaft. Aber... ich hätte ein paar Bedingungen."
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 12.12.2023 02:25Nirah versuchte sich nicht allzu deutlich die Erinnerung an besagten Moment ins Gedächtnis zu holen. Sie war verwirrt gewesen. Verwirrt und überrumpelt. Nach außen musste es überaus abstrus gewirkt haben, wie geschockt sie vom bloßen Anblick klarer Augen gewesen war. "Ich habe nicht lange gestarrt. Und erst recht nicht intensiv." zischte sie dazwischen. Dieses dämliche Grinsen. Sie hatte es nicht vermisst, dennoch wärmte es sie durch seine Vertrautheit. Nun, vielleicht hatte sie es doch ein kleines bisschen vermisst? Nein. Das wäre absurd.
Sie schenkte sie Notos einen langen Blick, der in etwa besagte "Du hast ja gar nichts verstanden, Donnerschwinge." Wenn sie nicht wusste, was die Aufgabe war, konnte sie es auch schlecht sagen. Aber sie hätte erledigt sein müssen, bis zu seinem Aufbruch wenn sie mit Notos verknüpft war, unabhängig davon wie sie lautete. Wie hätte sie die Aufgabe erledigen sollen, wenn er fort war? Und nun war sie hier. Bereit dem Mann zu folgen, den sie eigentlich vom ersten Moment an verflucht hatte. Blind ins Ungewisse. So blind, wie er es manchmal war. Trotzdem spürte sie keinen Widerwillen in sich aufsteigen, nicht den Drang im nächsten Moment zu flüchten. Es fühlte sich richtig an, hier zu sein. Diese Erkenntnis schenkte ihr eine ungekannte Erleichterung. Die Last, die seit Notos' Aufbruch auf ihren Schultern gelegen war, verflüchtigte sich. Jetzt war sie auf dem richtigen Weg, möglicherweise zum ersten Mal seit ihrem Treffen. Nirah schickte ein Stoßgebet überschwänglichen Danks zur heiligen Mutter.
Notos' fragender Blick, sein ergebenes Seufzen. Es war alles wie immer. Während beide eisern schwiegen, kämpfte Nirah ein sorgloses Lächeln nieder, welches sich ihrer zunehmend nachdrücklich bemächtigen wollte. Sie aß ihren Fisch, wippte dabei mit den Füßen bis Notos' das Wort ergriff. Zuerst nickte sie. Die Pfade der Wächter waren nicht eindeutig. "Versuchst du mich gerade aufzumuntern?" fragte sie dann mit hochgezogener Augenbraue, sacht schmunzelnd. Damit war er reichlich spät. "Sie lässt mich nicht im Dunkeln tappen, sondern gibt mir genau so viele Informationen wie ich brauche. Ich weiß, dass ich es lösen kann. Ich muss. Ich hatte nur... ein paar davon übersehen." Genauer gesagt hatte Nirah sie übersehen wollen. Aus irgendeinem Grund hatte sie verdrängt, dass sie bereits direkt nach der Enthüllung bereit gewesen war, Notos überallhin zu folgen wenn sie dadurch ihre Ausbildung beenden konnte. Weil du es nicht zugeben kannst. Weil es es so klingt, als bräuchtest, wolltest du ihn bei dir. Weil du so sehr den einfacheren Weg gehen wolltest, dass du den richtigen verleugnet hast. So sehr Nirah diese Gedanken unterbinden wollte, diese Schwäche war es, die schwer auf ihr lastete. Keine Zuversicht von Notos oder ihr Glauben an die heilige Mutter konnte das ändern.
Das Fauchen Sir Jaspers lenkte sie ab und zauberte dieses Mal sichtbar ihr Lächeln hervor. Sie hatte die letzen Tage auf Reisen ohnehin genügend Zeit damit verbracht, ihre trübseligen Überlegungen von vorne bis hinten, wieder und wieder durchzugehen. Nur um auf dasselbe Ergebnis zu kommen: Jetzt hatte sie die Möglichkeit etwas zu ändern. Wenn sie nur weiterlief. Einen Schritt nach dem nächsten.
Das Futter des Katzenvogels rettete Notos mit einer schnellen Handbewegung. Er redete er sich um Kopf und Kragen und starrte daraufhin an Nirah vorbei. Sie blinzelte ebenfalls, allerdings mehr erheitert und sagte nichts. Ich bin froh, dass ich dich gefunden habe. Ich bin froh, dich zu sehen, korrigierte sie ihre eigenen Worte im Geiste. Fragte sich im selben Moment, warum sie das tat.
"Ich habe weiterhin keine Ahnung, was genau ich machen muss. Dieses Mal werde ich den Zeichen folgen und abwarten. Die Zeichen haben von Anfang an in deine Richtung geführt. Also folge ich dir. Das ist mein Plan. Unsere Pfade sind verknüpft. Die heilige Mutter möchte, dass ich einen Teil des Weges mit dir gemeinsam gehe. Darauf vertraue ich." erklärte sie ruhig und spießte einen frischen Fisch auf. "Gib mir aber Bescheid, falls du zufällig einen Wolf mit nachtschwarzem Fell und eisblauen Augen siehst, der die Angewohnheit hat, sich in Luft aufzulösen. Ich könnte ebenso gut ihm folgen, wenn er mich lassen würde."
Nirah klemmte den Stock zwischen die Knie und kramte plötzlich eilig in ihren Taschen. "Da fällt mir ein..." murmelte sie. Sie zog ein dünnes Lederband hervor an dem der Zahn einer Bestie baumelte. Auf der cremefarbenen Oberfläche waren runenhafte Zeichen eingeritzt und geschwärzt worden. In deren Mitte war das winzige Abbild eines rennenden Wolfes, ähnlich dem auf Nirahs Dolch. Die Arbeit wirkte etwas grob. Nirah hielt die Kette Notos entgegen. "Ich habe deinen Ring gefunden und ich wollte dir den Zahn sowieso geben und irgendwie habe ich dann versucht etwas Ähnliches daraus zu machen" ratterte sie ungewöhnlich scheu klingend herunter. Sie legte die Hand an den Stoff ihres Oberteils, genau dort wo der Ring darunter ruhte. "Falls du ihn zurückhaben willst, gebe ich ihn dir aber. Also den Ring, meine ich." Oh nein, auch das noch. Hitze färbte ihre Wangen rosa. Nirah war es, die nun den Blick abwandte und händeringend einen Themenwechsel ersehnte.
"Wann gehen wir los? Und wohin gehen wir überhaupt?" erkundigte sie sich, übermäßig tatkräftig.
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 11.12.2023 00:00Jasper hatte zwei seiner Fische verschlungen, als er sich das erste Mal umsah und bemerkte, dass die beiden Menschen sich zum Lagerfeuer verzogen haben. Und anscheinend bereits wieder miteinander herumwitzelten? Der kleine Drache legte fragend den Kopf schief. Das Heiler-Mädchen konnte grinsen? Ihm war gar nicht bewusst, dass sie überhaupt dazu fähig war, ihre Mundwinkel so sehr nach oben zu ziehen. Was auch immer vorgefallen war, es schien zu einer ausgelasseneren Laune geführt zu haben. Selbst der Ausdruck seines Gefährten wirkte das erste Mal seit vielen Tagen wieder etwas wärmer, während er sie betrachtete. Für einen kurzen Moment fast sogar sorglos. Sein Lächeln verfiel leider viel zu schnell der vorherigen matten Ernsthaftigkeit, um letzterem wirklich glauben zu können.
Ohne groß darüber nachzudenken vertilgte Jasper einen weiteren Fisch, bevor er sich den verbliebenen Fisch schnappte und ihn mit stolz erhobenen Haupt zu den anderen am Feuer trug. Deren Fische hingen bereits über den Flammen und nahmen eine ihm bekannte, bräunliche Farbe an. Ob er das wohl mit seinem auch hinkriegen könnte? Während Jasper nachdenklich in die Glut starrte und eigene Pläne schmiedete, musste Notos sich hüten, bei Nirahs ersten defensiven Worten nicht zu offensichtlich die Augen zu verdrehen. Stattdessen bedachte er sie nur mit einem vielsagenden Blick. Nichts ist also vorgefallen? Musste ein sehr wichtiges "nichts" gewesen sein, wenn sie sich deswegen spontan entschied, ihn tagelang zu verfolgen.
Bevor er aber in irgendeiner Form nachhaken konnte, führte Nirah sogar von selbst aus. Es ging also wieder um ihre Vision? „Ich kann mich vor allem daran erinnern, wie du mich das erste Mal mit deiner Vision in Verbindung gebracht hast. Es ist etwas schwer zu vergessen, wenn jemand dein Gesicht packt und dir dabei lange und intensiv in die Augen starrt." Notos schenkte ihr ein schiefes Grinsen, ehe seine Miene nachdenklichere Züge annahm. „Du hast mir allerdings nie gesagt, was du als deine Aufgabe erachtet hast. Aber da du angenommen hattest, dass es mit mir in Verbindung steht und du dich aber geirrt hast und du mich nie hättest gehen lassen dürfen... nehme ich an, dass du dachtest, deine Aufgabe würde bis zu meinem Fortgehen erledigt sein?" Selbst wenn er sich weiterhin keinen Reim draus machen konnte, wie er ausgerechnet ihr dabei hätte helfen können.
Außerdem...Notos hob mit einem fragenden „Hm?" aufmerksam den Kopf. Doch Nirah hüllte sich in ein verkrampftes Schweigen. Eine Zeit lang musterte er sie noch abwartend, bevor er seufzend aufgab. Vermutlich hing dies auch mit ihrem vorherigen Hadern zusammen. Er hatte ihren gequälten Gesichtsausdruck sehr wohl bemerkt, als sie über ihren Irrtum gesprochen hatte. Als wäre es ein persönliches Versagen gewesen. Wobei... Hatte sie nicht gemeint, sie müsse diese Aufgabe unbedingt erfüllen, um als vollwertige Wächterin anerkannt zu werden. Als eine Art abschließende Prüfungen?
Notos haderte zuerst, dann fing er bedächtig an zu sprechen: „Du meintest, die Pfade und Visionen der Wächter sind nicht eindeutig und einfach zu verstehen, richtig?" Mit einem Stock fischte er währenddessen die eingewickelten Fischstücke aus der Glut. Die sollten aufgrund ihrer Größe als erste fertig werden. Nebenbei verscheuchte er mit der anderen Hand Jasper, der seinen gefiederten Kopf etwas zu nah ans Feuer steckte. „Selbst wenn du dich geirrt haben solltest, das kann bei so etwas Komplexem, wie es deine Aufgabe zu sein scheint, passieren, oder? Ich bin mir sicher, dass die heilige Mutter dich nicht länger als nötig im Dunkeln tappen lassen wird. Wenn jemand dieses Rätsel irgendwann lösen wird, dann du", gab er mit völliger Zuversicht von sich. Hoffentlich hatte er die Worte so wählen können, dass sie Nirah etwas Aufmunterung schenken konnten. Er wusste selbst zu gut, wie es sich anfühlte, wenn man bei einer Prüfung oder wichtigen Mission scheiterte. Aber der einzige richtige Weg war letztendlich nur der nach vorne. Immer. Egal was vorgefallen war.
Ein frustriertes Fauchen bemächtigte sich seiner Aufmerksamkeit. Sofort glitt sein Blick zu seinem Partner – der anscheinend seinen Fisch in die Glut geworfen hatte und ihn nun verzweifelt umzudrehen versuchte. Wenn nur die dämlichen Brocken nicht so heiß wären. Mit einem amüsierten Schmunzeln half er dem kleinen Drachen aus, nur um gleich daraufhin erneut überrascht den Kopf anzuheben. Was hatte Nirah gesagt? Sie war froh, dass er lebte?
Er blinzelte verdattert. „Ich bin ebenfalls froh?", gab er dezent verwirrt von sich. „Dass du lebst, meinte ich natürlich." Dann zuckte er zusammen, als wäre ihm etwas eingefallen und er korrigierte schnell „Nicht dass ich wirklich etwas anderes von dir erwartet hätte natürlich!" Verlegen fasste er sich an den Nacken und wandte den Blick ab. „Ich bin einfach nur erleichtert, dass es dir gut geht. Ich hab mir wirklich Sorgen gemacht bei deinem plötzlichen Auftauchen." Mit neugefundenem Interesse widmete er sich stumpf seinem Essen. Er sollte das Reden einfach sein lassen. Selbst sein Gefährte bedachte ihn mit einem irritierten Blick.
Es dauerte eine Weile, bis Notos sich wieder das Wort zu erheben traute. „Nun... was jetzt? Du meintest, du hättest mich nie gehen lassen sollen. Heißt das, du hast nun eine klarere Idee, was von dir verlangt wird?"
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 10.12.2023 01:41Natürlich akzeptierte Notos nicht einfach so, dass er eine Begleitung haben sollte. Nirah sah es in seinem Gesicht. Die eindeutige Verwunderung nach ihrer Eröffnung. "Wie hätte ich dich sonst einholen sollen?" verteidigte sie sich. "Es war nichtmal sicher, dass ich dich überhaupt einhole." Wofür genau sie sich verteidigte, wusste sie selbst nicht. Dafür, dass sie wenig gegessen und geschlafen hatte? Sicher nicht. Erstens war das allein ihre Angelegenheit, zweitens ging es ihr gut und drittens hatte er es nicht besser gemacht.
Dennoch setzte sie sich, wie auf Befehl. Insgeheim gab sie zu, dass es gut tat. Außer zum Schlafen, war sie die letzten Tage dauerhaft auf den Beinen gewesen. Sie streckte Füße und Hände den Flammen entgegen. Nicht, dass sie fror. Noch brannten ihre Glieder von der Reise. Nein, sie mochte die Wärme des Feuer und es erzeugte den Hauch von Entspannung in ihrem Körper. Nirah sah zu, wie sich Notos entfernte. Bislang verlangte er nicht, dass sie ging. Das war ein guter Anfang. Von Notos schweifte ihr Blick zwangsläufig zu seinem gefiederten Begleiter und sie musste schmunzeln. Auch er hatte Hunger. Nicht verwunderlich. Dann wiederum, hatte Sir Jasper nicht immer Hunger?
Notos kehrte mit noch mehr Fisch zurück. Er hatte eine ansehliche Menge gefangen. Bilder von gebratenem Fisch am Stock kamen unweigerlich in Nirah auf, als sie den kleinen Haufen betrachtete. Obwohl der Hunger an ihr nagte, zögerte sie zuzugreifen bis Notos den Mund zu einem Lächeln verzog. Er erinnerte sich, an ihre Worte. Seit diesem Abend schien eine kleine Ewigkeit vergangen zu sein. "Wir haben es bisher noch nicht geschafft und gegenseitig umzubringen. Das zählt, oder?" gab sie grinsend zurück. Sofort schnappte sie sich einen Fisch, hielt inne und murmelte leise einen schnellen Dank und einen Segen. "...viel Glück auf der Reise. Mögen eure Seelen in den ewigen Kreislauf eingehen."
Wenig später brutzelten die Fische aufgespießt über dem Feuer. Beiläufig beobachtete sie Notos' Bemühungen um ein etwas raffiniertes Mahl. Ihre Aufmerksamkeit lag aber vorerst auf dem Stock in ihrer Hand. Der Fisch duftete bereits köstlich und färbte sich braun. Als Notos zu sprechen begann, zog Nirah ihren Spieß bereits ungeduldig heran und testete ihn auf Essbarkeit. "Nichts ist vorgefallen." sagte sie sofort und schluckte einen Bissen, zog eine Gräte aus ihrem Mund. Dann hielt sie ihn wieder über das Feuer. Außen war er schon gut, innen vertrug er noch etwas. Nirah seufzte. Irgendeine Erklärung war sie Notos wohl schuldig.
"Kannst du dich daran erinnern, was ich über meine Vision gesagt habe und deine Augen und meine Aufgabe? Ich habe mich ein wenig..." Sie stockte und quetschte das nächste Wort mühevoll heraus, beinahe gequält. "...geirrt. Meine Aufgabe ist... nicht abgeschlossen. Ich hätte dich gar nicht erst alleine gehen lassen dürfen." Wieder prüfte Nirah den Fisch und wieder hielt sie ihn übers Feuer. "Außerdem..." fing sie leise an, unterbrach sich direkt wieder. "Ach, vergiss es." murmelte sie und starrte in die Flammen. Sie konnte auf keinen Fall erklären, dass sie sehr wohl den Abschied bedauert hatte. Devon lag natürlich völlig daneben mit seiner Interpretation, keine Frage. Aber die heilige Mutter wusste, was Notos denken mochte. Wenn sie sich in ihren eigenen Erklärungen verhedderte, dass sie ihn irgendwie vermisst hatte aber auch nicht richtig. Dass sie eine gewisse Sympathie entwickelt und sich an seine Anwesenheit gewöhnt hatte. Dass sie ihn...mochte? Zudem hatte sie selbst keine Ahnung, ob das überhaupt wirklich der Grund war, wieso sein Aufbruch ihr schwer im Magen gelegen war. Vermutlich war es nur an der Enttäuschung über die unvollendete Aufgabe gelegen, dass sie sich schlecht gefühlt hatte.
"Ich bin froh, dass du noch lebst, Notos." sagte sie stattdessen irgendwann in die Stille hinein. Schließlich machte sie sich über den gebratenen Fisch her.
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 08.12.2023 18:30Im Dorf war also alles in Ordnung. Augenblicklich lockerte Notos den Griff um seine Waffe, als er den leisen Hauch von unterschwelliger Irritation in Nirahs Stimme vernahm. Seine eigene blieb an seiner Miene haften. Zusammen mit einem gewissen Anflug von angespannter Sorge. Genaustens studierte er ihre Gesichtszüge, verfolgte ihre erschöpften Atemzüge, ihre Unfähigkeit, ihm direkt ins Gesicht zu sehen. Einzig als sie in einer ihm vertrauten Geste gereizt die Arme verschränkte, zuckte ein Mundwinkel kurz erheitert in die Höhe.
Doch dieser Ausdruck wurde schlagartig ausgetauscht von einer erneuten Welle der Besorgnis, als ihm wieder Nirahs ausgelaugter Zustand bewusst wurde – dann verzog er mit einem Mal beinahe schmerzhaft das Gesicht. Was zum guten Teil wohl dem sehr echten Schmerz zu verschulden war, als Jasper ihm mit ausgefahrenen Krallen einen elektrischen Stromstoß in die Schulter jagte. Der kleine Drache kniff verärgert die Augen zusammen. Ja, Nirah war mitnichten die einzige die angenommen hatte, dass sie inzwischen viel weiter hätten kommen müssen.
Notos würgte die aufkeimende Unruhe, die ihre Worte bei ihm hinterließen, so gut wie möglich ab. Fokussierte sich lieber auf Nirahs ungewohntes Herumdrucksen, versuchte dabei den Sinn dahinter zu verstehen. Und stutzte sichtbar bei ihrer Bitte. Sie wollte ihn begleiten? Das sollte der Grund für ihre Eile gewesen sein?
Er blinzelte. Runzelte nachdenklich die Stirn. Und seufzte anschließend tief auf. „Nirah, du bist mir gefolgt. Tagelang. Anscheinend ohne dabei größere Rasten für Essen und Schlaf einzulegen. Natürlich mache ich mir da Sorgen, ob es dir und allen im Dorf gut geht." Und mit jedem Wort, das ihre Lippen verließ, gewann er zunehmend den Eindruck, dass es ihr sicherlich nicht so gut ging, wie sie ihm weiszumachen versuchte.
Erneut erklang ein leises Seufzen. „Wie wäre es, wenn du dich erstmal kurz hinsetzt?" Mit einer Geste zum kleinen Lagerfeuer untermalte er seinen Vorschlag, der mehr einer stummen Aufforderung glich. Dann drehte er sich ruckartig um, ohne eine Antwort abzuwarten. „Jasper, die Fische dort sind für dich." Sein Gefährte zuckte fragend mit den Ohren. Beinahe veranlasste es ihn dazu, ungeduldig die Augen zu verdrehen. „Ja, wirklich alle," beteuerte er mit Nachdruck. „Nimm. Du hast Hunger."
Das ließ sich der kleine Drache nicht zweimal sagen. Im Gleitflut schoss er zu seinem neu zugeteilten Futter hinab. Der erste Fischlaib war verschlungen, noch während Notos das Päckchen mit den restlichen Fischen vom Uferrand holte. Langsam trottete er damit zum Lagerfeuer und faltete den Stoff vorsichtig zwischen ihm und Nirah aus. Hatte er bislang seinen Blick von ihr abgewandt, so hob er nun den Kopf, um der Heilerin bestimmt in die Augen zu sehen. „Nimm so viel du brauchst." Eine weitere, dieses Mal weitaus weniger versteckte Aufforderung. Dann verschwand die Ernsthaftigkeit in seiner Miene, wurde abgelöst von dem Ansatz eines amüsierten Lächelns. „Jemand hat mir mal gesagt, solange wir uns nicht versuchen gegenseitig umzubringen, werden die Vorräte geteilt."
Abermals wartete Notos nicht auf eine Antwort, sondern begann schweigend, seinen Fisch auf dem Stock aufzuspießen. Er vertraute darauf, dass sie zugreifen würde. So stolz sie manchmal auch sein mochte, ihr hungriges Starren hatte er sehr wohl bemerkt. Nachdem er seine Hauptmahlzeit vorbereitet hatte, machte er sich daran, einen seiner mageren Fische in kleine Stücke zu schneiden, diese zusammen mit ein paar Feuerbeeren in Blätter einzuwickeln und sie am Rande des Feuers mit Glut zu bedecken. Während er sich dieser Arbeit widmete, entkam ihm kein Wort. Erst nach einer Weile der Stille wandte er sich mit ruhiger Stimme an seinen unerwarteten Gast. „Wir werden wohl noch etwas warten müssen, bis wir essen können.", fing er bedächtig an. Beinahe unschuldig. Dann hob er mit einem Mal den Kopf, lächelte dabei sachte. „Möchtest du mir vielleicht in der Zeit in Ruhe erklären, was genau vorgefallen ist?"
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 08.12.2023 02:00Sie zuckte beinahe zusammen, als Notos sich ruckartig umdrehte. Überraschung und Unglauben spiegelten sich in seinem Gesicht. Ergriffen von plötzlicher Verlegenheit sah Nirah zu Boden. Ja, ich. Wer hätte das gedacht. Dass ich dir hinterherlaufe. Natürlich hatte er nicht mit ihr gerechnet. Der Abschied war endgültig gewesen. Ihre Anwesenheit musste auch nicht unbedingt erwünscht sein. Sie an seiner Stelle wäre nicht erfreut gewesen.
Aber...
Er lächelte. Zumindest für einen Moment. Je weiter er auf sie zukam, desto ernster wirkte er. Und müder. Dunkle Furchen hingen unter seinen Augen und er bräuchte definitiv ein Bad. So wie sie. Da konnte sie sich nichts vormachen. Beim Anblick der frisch gefangenen Fische hinter ihm, knurrte ihr Magen laut. Gut, vielleicht benötigte sie noch einiges mehr. Immerhin schien er unverletzt und gesund.
Flatternd landete Sir Jasper auf Notos' Schultern. Notos erstarrte, sein Ausdruck auf einmal hart. "Was? Nein. Im Dorf ist alles wie immer." gab Nirah zurück. "Wieso sollte bei mir nicht alles in Ordnung sein?" Ihre Stimme nahm einen genervten Unterton an und unwillkürlich verschränkte sie die Arme vor der Brust. "Mir geht es gut." Sie atmete einmal tief durch, ging einen Schritt auf Notos zu und hob den Kopf um ihm in die Augen sehen zu können. "Mir geht es gut." wiederholte sie leiser. Erschöpfter. "Ich dachte nicht, dass ich dich tatsächlich finde, aber du bist nicht so weit gekommen, wie ich dachte." Sie versuchte sich an einem Lächeln. "Ich bin hier weil ich..." Sie stockte. "Weil ich..." Sie wandte den Blick ab. "Also es ist nicht alles so gelaufen, wie ich dachte. Und ich muss... Ich würde dich gerne begleiten."
Vorsorglich hob sie die Hände in einer abwehrenden Geste. "Keine Abmachungen oder Verhandlungen. Ich werde dich nicht aufhalten. Du gibst den Weg an und ich folge. Und ich kümmere mich um mich selbst." Sehnsüchtig beäugte sie einen kleinen Moment die Fische. Nirah hielt inne, verkniff sich die Frage wo er eigentlich hin wollte und den Kommentar über seine seltsamen Richtungswechsel. Sie runzelte lediglich die Stirn.
"Darf ich dich begleiten, Notos?" fragte sie vorsichtig.
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Re: The Headwinds - Handlung
von Zladune am 19.11.2023 18:33Spielverderber.
Hatte Jasper am Anfang noch vergnügt die Flügelspitzen ausgestreckt, als Nirahs überraschter Schrei seine Ohren erreichte, so fiel es ihm bald schwer, bei ihrem Gezappel weiterhin Halt zu finden. Und dass obwohl er sich sogar festzukrallen versuchte. Das ungestüme Ding schlug wilder um sich als ein Jungdrache bei seinem ersten Reiterflug. Als ihn schließlich sogar ihre Hand erwischte, ließ er von ihr ab und flatterte empört zum nächsten Ast. Aufgebracht plusterte er sein Gefieder auf. So groß seine Freude gewesen sein mochte, ausgerechnet hier auf das Heiler-Mädchen zu treffen: was zu weit ging, ging zu weit. Gekränkt schnaubend drehte er seinen Kopf von ihr weg, als sie ihn zu tadeln begann. Nur um dann aufmerksam mit den Ohren zu zucken, als sie sich doch tatsächlich entschuldigte. Mehr noch, ihn sogar fragte, ob er sie zu Notos führen konnte.
Der kleine Drache schüttelte sich. Erst Anknurren und dann bitten? Na, das könnte ihr so passen. Vielsagend begann er mit den Pfoten sein Gefieder zu säubern, ignorierte ihr weiteres Tun dabei geflissentlich. Er konnte sie natürlich zu seinem Partner führen. Aber wollte er? Nachdem sie ihn und Notos so oft grummelig behandelt hatte? Ihn als dummen Vogel betitelt und nun sogar verletzt – oh, Futter!
Kaum hatte Nirah das Stück Fleisch aus ihrer Tasche gezogen, fixierten die goldene Augen nur noch diesen bestimmten Punkt. Ließen auch dann nicht von ihm ab, als die Heilerin das Trockenfleisch hoch in die Luft warf. Sofort stieß er sich von seinem Ast ab und schnappte sich die angebotene Beute mit unfehlbarer Präzision. Er hatte das Futter verschlungen, noch bevor er auf dem nächsten Ast landen konnte. Jasper leckte sich über die Zähen, legte nachdenklich den Kopf schief. Führen sollte er also. Nun, er würde dieses Mal eine Ausnahme machen können. Außerdem wäre sein Partner wohl nicht sehr erfreut darüber, wenn er die Heilerin hier einfach stehen lassen würde. Erst recht, wenn sie ihn sogar zu suchen schien. Ohne Vorwarnung sprang Jasper erneut von seinem Ast, landete im Gleitflug auf dem nächsten, nur wenige Flügelschläge von Nirah entfernt. Drehte sich dann zu ihr um und wartete ungeduldig darauf, dass sie ihm folgte. Verengte dabei jedes Mal skeptisch die Augen. Sie sah nicht wirklich bei Kräften aus. Aber diese Strecke würde sie wohl noch durchhalten müssen.
Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel. Bald würde die Hälfte des Tages wohl wieder vorbei sein. Jasper ließ ganz schön auf sich warten. Mit einem plätschernden Geräusch zog Notos seine Waffe aus dem Wasser. Betrachtete den gefangenen, mit dunklen Punkten gesprenkelten Fisch mittlerweile nur noch mit einer milden Zufriedenheit, bevor er ihn mit einem Schlag gegen den Kopf endgültig von seinem Leid befreite – zur Sicherheit, falls der kleine Stromstoß das Tier nicht sofort erlegt haben sollte. Nach all den Jahren hätte er nicht gedacht, dass ihm das noch so gut gelingen würde. Die Lektionen seines Vaters hatten wohl doch noch etwas Gutes an sich.
Mit zunehmend eingeübteren Bewegungen, machte sich Notos dran, den Fisch zu entbluten und auszunehmen, ehe er ihn nach kurzem Überlegungen zu einem schattigen Ort etwas abseits seines Jagdplatzes brachte. Dort wickelte er ihn mit den restlichen Fischen in ein Tuch ein und legte dieses Päckchen wieder an den Uferrand, auf ein dichtes Netz aus Wasserpflanzen. Es war keine ideale Zwischenlagerung, aber die unmittelbare Nähe zum kalten Flusswasser sollte seinen Fang noch für eine Weile feucht und frisch halten.
Wieder verging mehr Zeit. Wieder ohne ein Lebenszeichen von Jasper zu bekommen. Seufzend senkte Notos den Kopf, den er bis eben in den Nacken gelegt hatte. Doch der Himmel blieb leer. So langsam konnte sein Gefährte zurückkommen. Inzwischen hatte er ein Feuer vorbereiten können. Hatte mithilfe von Ästen ein paar Konstruktionen gebaut, um später die Fische über der Glut braten zu können. Vermutlich würde er das auch bald angehen – sobald er noch etwas mehr Futter für seinen Partner gefangen hatte. Mittlerweile reihten sich vier Fische zu seinen Füßen. Eine kleine Mahlzeit für den größten Hunger seines Gefährten. Wenn er denn mal auftauchen würde.
Energisch schüttelte Notos den Kopf, versuchte seine Unruhe nicht weiter von ihm Besitz ergreifen zu lassen. Sondern schob seine Gedanken lieber zu Seite, konzentrierte sich darauf, einen weiteren Fang zu landen. Beharrlich wartete er darauf, dass erneut die Silhouette eines Fisches im klaren Wasser auftauchte. Verfolgt diese fokussiert. Die Hellebarde fest in der Hand haltend und auf den flüchtigen Schatten im Fluss gerichtet. Er hob seinen notdürften Speer an. Erhöhte den Druck auf seinem Griff und – Donnerschwinge.
Er erkannte die Stimme sofort. Natürlich tat er das. Der dazugehörige Name entkam ihm, noch ehe er sich gänzlich zu ihr umdrehen konnte: „Nirah?" Verwunderung. Unglaube. Der Ton seiner eigenen Stimme rutschte verräterisch in die Höhe, als sich ein Funken an überraschter Freude in seine Miene schlich, während diese Gefühle in genau dieser Reihenfolge seine Gedanken durchjagten. Sofort glitt sein Blick zu der Gestalt, die aus dem Dickicht stolperte. In derselben Bekleidung wie am ersten Tag ihres Zusammentreffens. Die noch wärmenden Strahlen der Sonne umrahmten ihre Konturen, ließen ihre Haare beinahe wirklich in flammenden Farben aufleuchten. Ganz getreu des Spitznamens, den er ihr heimlich verpasst hatte.
Unwillkürlich hellte sich seine Miene auf, als er verstand, dass er sich wirklich nichts eingebildet hatte. Trat dabei ein paar Schritte auf sie zu. Es gab keinen Zweifel. Das hier war wirklich Nirah – und sie sah erschöpft aus. Die dunklen Ringe unter ihren Augen würden den seinen wohl mühelos Konkurrenz machen können. Der Schatten einer schwer greifbaren Besorgnis schlich sich in seinen Ausdruck, als er sie erneut musterte, die Brauen dicht zusammengezogen. Sie wirkte blasser als sonst, oder? Stellenweise hafteten Nadeln und Blätterstaub an ihrer Kleidung. Als wäre sie eben noch auf dem Waldboden gelegen. Beinahe machte es denn Anschein, als wäre sie ebenfalls wie er tagelang auf Wanderung gewesen.
Bevor er sich noch näher zu ihr begeben konnte, landete endlich das Gewicht auf seiner Schulter, dass er schon so lange Zeit erwartet hatte. Noch während Notos begriff, warum Jasper wohl so lange für seine Rückkehr gebraucht hatte, übermittelte sein Gefährte ihm eine Nachricht, die ihn sofort in jeglicher Bewegung innehalten ließ. Sie hatte ihn gesucht. Warum? Was konnte so wichtig sein, dass sich Nirah so weit weg vom ihrem Zuhause begeben würde?
Alles in ihm spannte sich mit einem Mal an, als eine Reihe unangenehmer Gedanken seinen Kopf durchflutete. Die Sorge grub sich tiefer in sein Gesicht ein. „Was machst du hier? Ist bei euch im Dorf etwas passiert?" Notos stockte, bevor er etwas zögerlicher fortfuhr: „...Ist bei dir alles in Ordnung?"
Re: The Headwinds - Handlung
von Saphyr am 19.11.2023 02:11Lautes Klopfen an der Eingangstür ließ die kleine Hütte beben. Nirah antwortete nicht. Sie lag ausgestreckt auf ihrem Bett in fast völliger Dunkelheit. Den restlichen Tag hatte sie erfolgreich alle weiteren Begegnungen vermeiden können. Nur einer würde sich die Mühe machen, sie so spät am Abend noch aufzusuchen. Und sie wusste ganz genau, wieso er hier war. Wieder klopfte es, lauter, nachdrücklicher. "Nirah. Ich weiß, dass du da bist." Weißhaars Stimme klang gedämpft. Natürlich wusste er es. Sie konnte sich nicht die ganze Zeit im Wald verstecken. Nicht so kurz vor den Festlichkeiten. "Ich muss mit dir reden." Wohl eher eine Strafpredigt halten. Nirah zog sich die Decke über den Kopf, versuchte keinen Laut zu machen, während sich ihre Augen wieder mit Tränen füllten. "Kann ich reinkommen?" Das Klopfen stoppte abwartend. Von draußen drang ein leises Seufzen herein. "Nagut. Dann sehen wir uns morgen. Ich brauche Hilfe mit den Lampen." Nirah hörte Schritte. Sie verklangen bald.
Am nächsten Tag stand die Sonne bereits hoch am Himmel, als Nirah ihre Hütte verließ. Sie sollte zu Weißhaar gehen und ihn unterstützen. Für das Fest brauchten sie noch mehr Öllampen und sicherlich wollte er noch ein paar Räucherbündel schnüren. Allerdings schlug sie den falschen Weg ein und fand sich am See wieder. Viel zu langsam lief sie am Ufer entlang. Wie gerne wäre sie wieder in den Wald entflohen. Ihre Pflicht hielt sie davon ab, während ihre Erinnerungen sie abhielten, ihrer Pflicht nachzugehen. So landete sie in einem seltsamen Zwischenzustand, unfähig sich deutlich in eine Richtung zu bewegen. Bis sie beinahe auf eine blaue Blüte trat und unvermittelt stoppte. Etliche leuchtende Blüten säumten den Bereich um das glitzernde Wasser. Sie kannte diese Pflanze. Vergissmeinnicht. Bis vor Kurzem hätte sie ihrer Existenz kaum einen Gedanken gewidmet. Jedes Jahr blühte sie hier am See, doch Nirah verwendete sie nicht als Heilkraut. Ihre Wirkung war zu schwach. Es war lediglich eine hübsch anzusehende Pflanze. Notos hatte offensichtlich seinen Gefallen an ihr gefunden. Die Blüte in ihren Haaren, war im Nachhinein betrachtet wohl kein Zufall gewesen. Nirah beugte sich herab und pflückte einen Stiel. Nachdenklich drehte sie ihn zwischen den Fingern, bis sie irgendwie bei den Heilerquartieren landete. Die Melodie der Windtänzer gehörte inzwischen zu dem Ort wie das Rascheln von Blättern im Wind. Sie stand bei den Bänken und betrachtete die Blume. So zerbrechlich. Ihr Kopf hing bereits abgeknickt nach unten. Nirah warf sie in die kalte Feuerstelle.
Hinter ihr erklang ein Geräusch, das nicht zu den restlichen passte. Sie erstarrte. Schritte? Hektisch fuhr sie herum. Es war nicht Notos. Natürlich nicht. Er wird nicht zurückkommen. Es waren auch nicht Devon oder Weißhaar. Das Mädchen ihr gegenüber wirkte mindestens genauso erschrocken wie Nirah. "Alyn? Was machst du hier?" stieß Nirah mit immernoch klopfenden Herzen hervor. Alyn presste schuldbewusst ihre Arme an den Körper, trat von einem Fuß auf den anderen. "Ich warte auf Colin und Brann. Sie wollten noch bessere Stöcke suchen, aber Colin hat gesagt, sie brauchen nicht lange. Also bin ich schonmal vorgegangen."
"Ihr trefft euch hier?", fragte Nirah verwundert. Alyn nickte. "Wir haben es nicht gemacht, als naja ... ihr beide hier wart. Aber es ist sonst nie jemand hier. Colin hat gesagt, es stört niemanden." Nirah ging auf sie zu und sank vor ihr in die Knie, sodass sie auf gleicher Höhe waren. Alyn sah unsicher auf und Nirah hatte das Gefühl, sie wollte zurückweichen, traute sich aber nicht. "Ihr seid also öfter hier, ja?" Alyn nickte wieder. "Wir haben auch nichts kaputt gemacht oder so. Wirklich nicht." Das Mädchen klang beinahe verteidigend. Deshalb setzte Nirah ein möglichst freundliches Lächeln auf und hoffte, es würde auch so ankommen. "Ich weiß, dass ihr nichts kaputt gemacht habt. Und ich denke Colin hat recht. Es stört niemanden, wenn ihr hier spielt." sagte sie sanft. "Jetzt verstehe ich auch, wie Notos euch gefunden hat. Oder ihr ihn." fügte sie schmunzelnd hinzu. Langsam wich die Vorsicht aus der Haltung des Mädchens. "Colin und Brann wollen ständig Schwertkampf spielen seit da. Sie lassen mich jetzt aber öfter auch bestimmen, was wir spielen. Wir wechseln ab!" verkündete Alyn ganz stolz. "Er ist weggegangen, oder?" Nirah verzog das Gesicht. "Wer? Notos? Ja, er ist weggegangen."
"Gehst du auch weg?" Es war eine simple Frage. Trotzdem blieb Nirah der Mund offen stehen und sie suchte einen Moment lang nach Worten. "Ich? Nein, ich gehe nicht weg."
"Wieso nicht? Ich dachte, du ... magst ihn? Meine Tante ist weggegangen, weil sie meinen Onkel so sehr mochte. Sie besucht mich und Mama manchmal und bringt immer Honig mit. Der ist lecker. Du könntest uns auch besuchen." Alyn klang völlig ernst, keine Necken, kein Sticheln. "Das ist nicht so einfach." fing Nirah an. Wie sollte sie bitte einem kleinen Kind ihre Situation erklären? Selbst in ihren eigenen Ohren hörten sich ihre nächsten Worte wie eine Ausrede an. "Ich kann nicht weggehen. Ich muss meine Ausbildung beenden. Und ich mag ihn nicht."
Das Mädchen runzelte die Stirn. "Nicht? Ich dachte, er ist nett. Ich fand ihn nett."
"Er ist auch nett, Alyn. Und doch, ich mag ihn, nur nicht so...."
"Alyyyyyyyn!"
Eine laute Stimme schallte über die Lichtung, zusammen mit einem hohen Lachen
"Wir haben etwas Tolles mitgebraaaacht!"
Über den Pfad zum Dorf kamen Brann und Colin und schwenkten triumphierend zwei Gegenstände, die in der Sonne verdächtig glitzerten. Nirah sah sie zuerst. Die beiden wiederum realisierten zu spät, dass Alyn nicht alleine war. "War viel zu einfach, die Dinger zu borgen." Brann entdeckte Nirah und stieß seinem Freund in die Seite, der plötzlich Wurzeln schlug und zu einem ruckartigen Halt kam. Nirah erhob sich und lief den Jungen entgegen, um einen gewissen Verdacht zu bestätigen.
"Sind das echte Schwerter?" Sie stemmte die Hände in die Hüften. Beide starrten sie aus großen Augen an. Fordernd streckte sie die Arme aus. Ohne Widerrede übergaben Brann und Colin ihr die Waffen. "Nehmt lieber Stöcke zum Üben. Ihr werdet noch früh genug echte Schwerter in die Hand bekommen. Bis dahin, Stöcke. Verstanden?" Die Jungen wichen ihrem Blick aus. Brann murmelte eine leise Zustimmung. "Verstanden, Colin?"
"Jaaa..."
"Seid froh, dass ich euch erwischt habe. Ihr könntet euch ernsthaft verletzten. Wenn das aber noch einmal vorkommt, sorge ich dafür, dass ihr mir und deinem Großvater, Colin, einen ganzen Mond mit den Kranken helfen müsst. Den Rest der Zeit schicken wir euch Kräuter sammeln und sortieren." Damit drehte sie sich unwirsch um, stapfte mitsamt Schwertern zu Alyn zurück und beugte sich ein weiteres Mal zu ihr hinunter. „Keine Sorge, ich werde euch nicht verraten. Schaut einfach, dass hier weiterhin alles heil bleibt. Und niemand sich verletzt." Flüchtig legte sie dem Mädchen die Hand auf den Kopf. „Viel Spaß beim Spielen." Nachdem sie sich aufgerichtet hatte, blieb ihr Blick an einer Stelle zu ihren Füßen hängen. Die Konturen waren fast nicht mehr erkennbar. Der Abdruck hätte von allem sein können. Nirah fasste die Schwerter fester und marschierte davon. Als sie an den Jungen vorbeikam, die immernoch vor den Kopf gestoßen wirkten, lächelte sie den beiden zu. „Passt auf euch auf, bitte. Und viel Spaß. Lasst Alyn auch zu Wort kommen."
Es klirrte metallisch. Sie war nach dem Klopfen an Weißhaars Tür direkt zum Tisch gelaufen und hatte die Schwerter darauf geworfen. Auf dem Weg dorthin hatte sie alle Menschen gekonnt ignoriert. Ihr Mentor beäugte die Waffen rätselnd. "Ich schätze, die gehören zu den Kriegern. Sie wollen sie vielleicht zurück haben. Ich habe sie ... gefunden. Jemand muss sie vergessen haben. Im Wald."
Weißhaar zog die Augenbrauen hoch. "Gefunden?" zweifelte er, beließ es aber dabei."Wie auch immer. Schön, dass du doch noch vorbeischaust. Ich hätte dich früher erwartet."
"Machen wir jetzt die Öllampen?" fragte Nirah, ging bewusst nicht auf den Anflug von Tadel ein. "Wir haben die Lampen schon fertig. Das wird reichen. Nein, lass uns die Gelegenheit nutzen und reden. Setz dich." Hilfesuchend sah Nirah zur Tür, doch ihr Körper gehorchte der Aufforderung. Natürlich. Als hätte ihr Mentor vergessen, weshalb er extra gestern Abend zu ihr gekommen war. Natürlich ließ er sich nicht von den Vorbereitungen fürs Fest ablenken. "Worüber?"
"Über dich, Nirah. Ich habe mitbekommen, was gestern passiert ist." Sie schnappte nach Luft, murmelte sofort eine Reihe an Verteidigungen für ihr Verhalten. Es wäre anders gewesen, Devon hätte gelogen, Devon hätte sie provoziert, sie hätte ihn gar nicht geschlagen. Das meiste war wohl kaum bis gar nicht verständlich, so schnell ratterte sie es hinunter.
"Immer langsam, kleiner Wolf. Es geht nicht um den Vorfall, sondern um dich." beschwichtigte Weißhaar sie. Er setzte sich ihr gegenüber auf einen Stuhl und verschränkte die Finger. "Ich weiß, dass es dir nicht gut geht. Ich weiß auch, dass du normalerweise keinem Fremden hinterhertrauern würdest, den du wenige Tage kanntest. Sicher, ich hatte den Eindruck, ihr versteht euch gut und wäre in Ordnung seinen Aufbruch zu bedauern. Aber darum geht es nicht, oder?"
"Nein. Darum geht es nicht." antwortete Nirah tonlos. Sie verschränkte die Arme, wandte den Kopf ab und sah an Weißhaar vorbei. "Möchtest du mir erzählen, worum es geht?"
"Muss ich?"
"Du musst nicht. Möchtest du?"
Lange sagte Nirah nichts. Sie blickte in die Leere, hadernd. Was sollte sie sagen? Weißhaar blieb still sitzen, wartete geduldig ab bis sie eine Entscheidung traf: Versuchen das Chaos in sich zu beschreiben oder aufzustehen und zu gehen. Oh, sie war mehr als nur versucht, dem Gespräch den Rücken zu kehren. Etwas hielt sie auf ihrem Platz. Ihr wurde klar, dass ihr Mentor aufrichtig besorgt war und viel wichtiger, dass er sie verstehen würde. "Ich dachte..." Sie räusperte sich. "Aus irgendeinem Grund dachte ich, ich bekomme mein Zeichen wenn er geht und gesund ist. Dass das meine Aufgabe ist. Einem Fremden helfen. Wie es aussieht habe ich mich geirrt. Wie kann ich eine Wächterin werden, wenn ich die Botschaften der heiligen Mutter so sehr missdeute?" Ihre Stimme zitterte.
"Wie bist du darauf gekommen, dass er etwas mit deinem Zeichen zu tun hat?" fragte ihr Mentor.
"Wegen meiner Vision bei meinem Namensritual. Ein Wolf mit blauen Augen. Ich hatte sie noch einmal am Morgen, bevor ich Notos gefunden habe. Erst dachte ich, es wäre ein echter Wolf. Er sah genauso aus und hat mir das Wild verjagt. Ich bin ihm gefolgt und habe Notos gefunden. Ich habe erst am nächsten Tag seine Augen gesehen. Sie haben dasselbe Blau. Ich ... wusste es einfach, dass es mit meiner Vision zusammenhängt. Später habe ich herausgefunden, dass er verletzt ist und ich dachte darum geht es. Es ist das, worin ich gut bin..." erzählte sie knapp die Ereignisse. Inzwischen quollen Tränen aus ihren Augen und rannen heiß an ihrem Gesicht herab. "Ich habe alles falsch verstanden." schluchzte sie leise.
Weißhaar lächelte sanft. "Ein Wolf der exakt so aussah, wie der aus deiner Vision hat dich zufällig zu einem Fremden im Wald geführt? Nirah. Denk darüber nach. Was habe ich dir gesagt. Du weißt es, wenn du dein Zeichen bekommst. Dasselbe gilt für Visionen, ihre Bedeutung. Ich glaube nicht, dass dein Bauchgefühl dich getäuscht hat."
"Aber warum hat es nicht..." Weißhaar unterbrach sie, streckte die Hand aus und legte sie auf ihre verkrampften Finger, die sich in die Tischplatte bohrten. "Lass es uns gemeinsam durchgehen. Gab es noch mehr Botschaften außer deinem Traum?"
"Nein." sagte sie sofort. "Oder...doch? Du meinst der Wolf hat mich geführt?" Ihr Gegenüber nickte zustimmend. "Er war noch einmal da, als wir im Wald übernachtet haben und hat unser Fleisch gestohlen. Das war, aber bevor ich erkannt habe, dass es um Notos gehen muss. Ich hatte auch ein paar Träume. Hm...." Auf einmal kam ihr ein Gedanke, der sie die Hände befreien und ihre Tränen vom Gesicht wischen ließ. "Ich habe ihn auch bei den Heilerquartieren gesehen. Er stand da, hat mich angesehen. Dann wollte er, dass ich ihm folge. Er hat mich zu den Hütten gebracht und ist dann verschwunden. Zu Notos Hütte." Ihr Herz begann zu rasen. Schon in dem Moment, war das unerwartete Treffen wichtig erschienen. Sie hatte es nur nicht verstanden. "Es gab einen Pfotenabdruck direkt bei Notos am Feuer! Es führt alles zu ihm, oder? Ich habe mich darin getäuscht, dass es um seine Heilung ging?" Der alte Mann wirkte zufrieden. "Es scheint so."
"Aber... was ist dann meine Aufgabe. Und..." Ihr Kopf sank wieder kraftlos herab. "Er ist bestimmt längst Zuhause."
"Ich kann dir nicht sagen, was die heilige Mutter mit dir vorhat. Nur, das du deiner Intuition folgen solltest. Vertrau darauf. Du hast das Potenzial eine großartige Wächterin zu werden, das weißt du. Allerdings kann ich dir mit einiger Sicherheit sagen, dass die junge Donnerschwinge ziemlich wahrscheinlich noch in unseren Wäldern verweilt. Es würde mich doch sehr wundern, wenn nicht. Sein Weg ist weit." Warum auch immer der Alte sich so sicher war, sie gab sich keine Zeit darüber nachzudenken. Soeben hatte sich alles geändert. Eigentlich hatte sie es gewusst. Sie hätte ihm folgen sollen, etwas hatte sie zu ihm gezogen. Sie hatte es nur nicht verstanden. Oder gehofft, dass es nicht so war. Doch alles war besser als diese Ungewissheit der letzten Tage, als das brennende Gefühl von Versagen in ihrem Bauch. Sie war vom Tisch aufgesprungen, hatte die Tür aufgezogen und wäre um ein Haar wortlos verschwunden. "Ich gehe ihn suchen. Ich muss. Versuch nicht mich aufzuhalten!" Weißhaar schmunzelte. "Nicht ich habe dich bisher aufgehalten, kleiner Wolf. Viel Glück."
Atemlos traf Nirah bei ihrer Hütte ein. Sie stürmte hinein, suchte in kürzester Zeit alles zusammen, was sie benötigte: Ihren Bogen, Pfeile, Köcher, Heilerausstattung, Reisekleidung, Beutel, Messer, Schuhe, Proviant, Gürtel, Mantel. In dieser Reihenfolge. Sie hastete hinaus, entdeckte im letzten Moment die Steinkette auf ihrem Arbeitstisch und drehte wieder um. Der Stein fühlte sich erstaunlich warm an in auf ihrer Haut. Kurzerhand streifte sie die Kette über und verstaute den Amhänger unter ihrem Oberteil. Auch die beiden Monsterzähne klaubte sie auf, quetschte sie gerade noch so in ihre Taschen. Schließlich verließ sie das Häuschen endgültig und sah keinen Moment zurück.
Es dauerte ewig bis sie auch nur eine Spur fand, die von Notos sein könnte. Es gab eine, weit vom Dorf entfernt, die zielstrebig in eine Richtung führte. Sie war undeutlich, nicht mehr ganz frisch und brach immer wieder ab, sobald sie durch dichteres Gestrüpp führte. Manchmal war es ein abgebrochener Ast, der sie wieder Orientierung schenkte, oft führte sie nur ihr bloßer Instinkt. Als sie das erste provisorische Lager entdeckte, ungeschützt zwischen den Bäumen und einer Feder zwischen einigen Blättern, war sie sich sicher, dass sie der richtigen Spur folgte. Danach wurde es einfacher. Die Abdrücke im weichen Waldboden, waren besser erkennbar. Sie folgte ihnen ohne größere Pause den ganzen Tag, die halbe Nacht und am frühen Morgen. Am Mittag änderte sich plötzlich die Richtung, obwohl sie zuvor konstant gleich geblieben war. Notos und Sir Jasper hatten daraufhin immer wieder Haken geschlagen, und einmal waren sie sogar ein Stück zurück gegangen. Das ergab keinen Sinn. Über einige Felsen verlor sie die Spur und sie entschied sich in die grobe Richtung zu gehen, die Notos als einzige immer wieder angepeilt hatte. Bald schwanden ihre Vorräte und ihre Kräfte.
An einem Morgen kam sie nur noch langsam voran. Heute Nacht würde Silberquell feiern und sich danach auf den Winter vorbereiten. Und sie war irgendwo mitten im Wald auf der Suche nach einem Schatten, den sie vielleicht nie finden würde. Seit ihrem Aufbruch war das Ende des Sommers rasant näher gerückt. Die Blätter färbten sich bunt. Es war der Tag, an dem sie beinahe aufgegeben hätte.
Aus dem Nichts landete etwas auf ihrer Schulter. Nirah schrie so laut auf. Etwas Spitzes bohrte sich in ihre Haut, durch den Stoff ihrer Kleidung hindurch. Sie schüttelte sich, versuchte panisch das Etwas von sich zu trennen. Es flatterte um ihre Ohren. Mit einem leisen Rascheln setzte es sich ein Stück entfernt auf einen niedrigen Ast und sah sie eindeutig empört an.
"Sir Jasper?" keuchte sie. Das war der kleine Katzenvogel, ganz sicher. "Du hast mich erschreckt" knurrte sie ihn an. Noch immer saß der Schock tief in ihren Knochen, brachte ihr Blut zum Rauschen. Aber... wenn er hier war, konnte Notos nicht weit entfernt sein.
"Tut mir leid, wenn ich dich getroffen habe. Kannst du mich zu Notos führen?" Das gefiederte Wesen gab nichts auf von seiner verstimmten Laune. Doch es entschied sich, ihr eine Richtung zu weisen nachdem sie etwas getrocknetes Fleisch aus ihrem Beutel gezogen hatte und Nirah folgte ihm.
Ein sanftes Plätschern kündigte einen Gewässer an. Als Nirah und Sir Jasper aus dem Gebüsch traten erblickten sie Notos über an einem Fluss, seine Hellebarde an der Hand und ein kleiner Haufen Fisch neben seinen Beinen. "Donnerschwinge." begrüßte sie ihn. Erleichterung durchflutete sie. Sie hatte ihn gefunden. Endlich.
Möge das Chaos mit uns sein!
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